Drei Hans-Riegel-Fachpreise

Distanzunterricht, geschlossene Bibliotheken, eingeschränkte Laborzugänge: Trotz widriger Umstände während der Corona-Pandemie haben unsere Schüler:innen der Q1 ihr Bestes bei der Erstellung der Facharbeiten gegeben. Drei Schüler:innen ist es dabei sogar gelungen, den angesehenen Hans-Riegel-Fachpreis zu gewinnen, der am 25.08.2021 in der Aula der Universität Bonn verliehen wurde. Die besondere fachliche sowie methodische Leistung der drei Arbeiten wird in der jeweiligen Laudatio wertschätzend hervorgehoben:

1. Platz im Fach Biologie: Leo Schindler, Thema: „Untersuchungen zu Wintervogelgemeinschaften an Futterstationen in unterschiedlichen Lebensräumen in Bonn“ (Fachlehrer: Tim Lang) 

Die genaue Kenntnis der Artenzusammensetzung unserer Lebensräume ist eine der zentralen Fragestellungen der Ökologie und wesentliches Kriterium zur Beurteilung von Umweltveränderungen und möglichen Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt. 

Leo Schindler widmete sich diesem Thema in einer akribischen Kartierung und Untersuchung der Lebensgewohnheiten der winterlichen Brutvögel in Bonn. Hierbei setzt er die Ernährungsgewohnheiten der in diesem städtischen Areal heimischen Populationen in den Fokus. Er nutzt dabei das Aufstellen von drei Futterstationen mit sehr unterschiedlichen Habitaten im Bonner Stadtgebiet, die jeweils mit einer Wildkamera beobachtet werden, um Individuen zählen und Arten bestimmen zu können. Abhängig vom Habitat sieht er unterschiedliche Artenzusammensetzung, Futterpräferenzen und tageszeitliche Aktivitäten. Die Untersuchungen sind professionell dokumentiert und ausgewertet und zeugen von einer erstaunlichen Artenkenntnis der heimischen Vogelwelt. 

Alle drei Gutachter der Biologie haben Leo Schindler unabhängig voneinander und übereinstimmend für einen Preis ausgewählt. Seine Arbeit überzeugt in herausragender Weise durch die inhaltliche, sprachliche und formale Qualität. Das Adressieren eines wichtigen ökologischen Themas im Experiment gelingt ausgezeichnet. Wir sehen eine Untersuchung mit zielorientierter Fragestellung, konsequenter experimenteller Umsetzung und kritischer, differenzierter Diskussion, die strengen wissenschaftlichen Ansprüchen gewachsen ist.  

2. Platz im Fach Chemie: Lorenz Goebels, Thema: Chemische Analyseverfahren in der Diagnostik von SARS-CoV-2-Infektionen (Fachlehrer: Johannes Eckert)

Lorenz Goebels hat in seiner Facharbeit in wissenschaftlich korrekter, sehr gut lesbarer Form alles zusammengestellt, was man bei der Bewertung von Testverfahren zur Diagnose von SARS-CoV-2-Infektionen wissen sollte. Er erläutert in seiner Facharbeit beginnend bei den biochemischen Grundlagen, über die Probennahme und die chemischen Extraktionsverfahren schließlich ausführlich die chemischen Grundlagen der Nachweisreaktionen. Als Tüpfelchen auf dem „i“ setzt sich Lorenz Goebels dann mit Zweifeln an Schnelltests in einem eigenen Experiment auseinander. 

Lorenz Goebels legt eine ausgezeichnete Facharbeit vor, für die er sich sehr tiefgehend in die Materie eingearbeitet hat. Bemerkenswert ist auch, wie er die vielfältigen und komplexen wissenschaftlichen Sachverhalte zusammengefasst und präsentiert hat.

2. Platz im Fach Mathematik: Anushmita Dutta, Thema: „Das SIR-Modell: Anwendung auf die COVID-19 Pandemie“ (Fachlehrerin: Sabine Meinert) 

Aktueller kann Anushmita ihr Thema nicht wählen. Die Pandemie beeinflusst unser Leben seit Monaten. Expertinnen und Experten versuchen die Pandemie unter anderem dadurch in den Griff zu bekommen, dass man durch Analysen Verständnis aufbaut. Anushmita unterstützt, indem sie mithilfe statistischer Methoden und Modellierungen bisherige Verläufe nachempfindet, um schließlich verlässliche Voraussagen treffen zu können, die unser Handeln beeinflussen könnten. Die Autorin verwendet hierbei das anerkannte S-I-R-Modell. Dort betrachtet man verschiedene Gruppen, die Infizierbaren („S“ - susceptible), die Infizierten („I“- infected) und schließlich die Unempfindlichen („R“ - resistent). Dabei bespricht sie entscheidende Fragen: Was kann ein solches Modell leisten und was sind dennoch die zu betrachtenden Grenzen für den Bezug auf die Realität? 

Die Mathematik, die dahintersteckt, hat es in sich. Anushmita spricht über Differentialgleichungen, wenn sie die Rate der infizierbaren Gruppe beschreiben möchte, denn die zeitliche Veränderung der Anzahl der Infizierbaren entspricht der ursprünglichen Funktion im Produkt mit einem negativen Vorfaktor. Schließlich erläutert sie die entsprechenden  Gleichungen über die Funktionen zu den anderen beiden Gruppen und sie erhält ein System von gekoppelten Differentialgleichungen. Numerische Lösungen kommen hier ins Spiel, programmierte Approximationsmethoden zur Annäherung der Lösungen, alles weit über dem Schulstoff. 

Die Autorin arbeitet wunderbar heraus, wie kompliziert es ist, die Wirklichkeit zu modellieren. Ihr gelingt es aufzuzeigen, wofür dieses beispielhafte Modell geeignet ist und wofür eben nicht. Ändert sich beispielsweise ständig die Ansteckungswahrscheinlichkeit als Eingangsparameter, muss das Modell jedes Mal wieder angepasst werden. Aber das lässt sich machen. Eine solche Änderung der Parameter kann auch positiv herbeigeführt werden – so diskutiert Anushmita die Auswirkungen des Lockdowns auch im Hinblick auf die Kapazitätsgrenze in den Krankenhäusern und stellt fest, dass wir laut Modell ohne Lockdown diese kritische Grenze schnell gerissen hätten. 

Mögen wir alle die Pandemie gut überstehen und so möchte ich mit den Worten von Anushmita aus ihrer Arbeit schließen: „… die Erforschung von Impfstoffen oder bessere mathematische Modelle [können] dabei helfen, dass wir in der Zukunft besser auf solche Ereignisse vorbereitet sind.“