Daoud Nassar berichtet aus dem Westjordanland

„Glaube, Liebe und Hoffnung sind Fundament unserer Arbeit“ 

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas beschäftigt aktuell viele Menschen weltweit. Anlass eines Vortrags für die Stufe Q1  in der Aula des Beethoven-Gymnasiums am 7.6.2024, der ursprünglich bereits für den September des letzten Jahres geplant war, war allerdings nicht die derzeitige Situation im Gazastreifen oder der Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023, sondern die Lage im Westjordanland.

Der christliche Palästinenser Daoud Nassar aus Bethlehem kämpft seit 33 Jahren mit seiner Familie vor Gericht gegen die Enteignung seines 42 Hektar großen Familienbesitzes. In seinem Vortrag berichtete er, wie er mit dieser Belastung und den Einschränkungen durch die israelische Kontrolle umgeht. Unter dem Motto „Wir weigern uns Feinde zu sein“ leitet er die internationale Jugendbegegnungsstätte „Tent of Nations“ auf seinem Grundstück bei Bethlehem.

Daoud Nassar wurde in Bethlehem geboren. Als Abiturient erlebte er die Erste Intifada, welche eine Schul- und Universitätsschließung zur Folge hatte. Er verbrachte einige Zeit in Österreich und studierte später unter anderem in Bielefeld Tourismus, mit der Motivation Menschen zu zeigen, dass Jerusalem mehr als nur „tote Steine“ biete und Begegnung zu fördern. Mit seiner Familie bewirtschaftet er heute das 42 Hektar große Landstück, das sich seit 1916 im Familienbesitz befindet.  Seine Heimat ist jedoch derzeit von fünf israelischen Siedlungen umzingelt. 1991 erklärte Israel das Familiengrundstück zum eigenen Staatsgebiet. Auch gewaltsam wurde versucht, das Landstück zu erobern. Dabei wurden 1500 Fruchtbäume zerstört. Nassar klärte auch über die Folgen des Mauerbaus im Westjordanland auf. Israel begründete den Baubeginn nach der Zweite Intifada damit, sich vor Terrorangriffen schützen zu wollen. Die Mauer, die die israelisch kontrollierten Gebiete von palästinensischem Gebiet abgrenzt, führt zur Trennung innerhalb der palästinensischen Bevölkerung. Zudem ist die Erreichbarkeit palästinensischer Bewohner zu ihren Farmen dadurch erschwert, dass der Großteil des Westjordanlands und die Absperrungsanlage unter israelischer Kontrolle stehen. Auch die teilweise nicht vorhandene Wasser- und Stromversorgung oder nicht erteilte Baugenehmigungen durch die Israelis erschweren die Situation. Aus solch einer scheinbar hoffnungslosen Situation heraus stellt sich die Frage, wie man mit ihr umgeht. Für Nassar steht fest, dass nahe liegende Reaktionen wie ebenfalls gewaltsame Antworten, Resignation oder Flucht keine Lösungen seien. Stattdessen hat er sich folgende Prinzipien gegeben:

 

„Wir weigern uns Opfer zu sein.

Wir weigern uns zu hassen.

Wir leben unseren Glauben.

Wir glauben an Gerechtigkeit.“

 

Auf diesen Grundlagen basiert das Projekt „Tent auf Nations“, welches sich für den Wiederaufbau und Erhalt der Farm einsetzt.  Mithilfe internationaler Unterstützung kann ein juristischer Kampf für den Erhalt der Farm geführt werden, der bereits 275. 000 Euro kostete.

Es entstanden kreative Ideen, um eine eigene Strom- und Wasserversorgung zu generieren und Unterkünfte zu bauen. Außerdem beinhaltet ToN weitere Projekte wie Kindersommercamps für durch den Krieg traumatisierte Kinder, das Projekt „Engel der Kulturen“ oder Ernte-Camps für Gäste und Volunteers. Bei allen Projekten sind Glaube, Liebe und Hoffnung Fundamente der Arbeit.

Daoud Nassar zeigt auf inspirierende Art und Weise, wie es gelingen kann, aus der Not heraus kreativ zu werden und negative Gefühle in Positives umzusetzen. Es ist ihm wichtig, dass die Menschen sich über diesen häufig unübersichtlichen und ausweglos erscheinenden Konflikt umfassend informieren und sich für gerechte Lösungen für Israelis und Palästinenser einsetzen. Dabei betont er, dass es sich nicht um einen religiösen Konflikt handele, sondern die Religionen für politische Ziele missbraucht werden.  Vielleicht gibt es somit Ansätze, die zum gegenseitigen Verständnis und Frieden führen.

Friederike Gerhardt, Q1

Liebe Eltern, liebe Ehemalige des BG,

der Vortrag von Herrn Daoud Nassar hat uns alle sehr beeindruckt. Wir sehen das Leid von Menschen sowohl auf israelitischer als auch auf palästinensischer Seite. Ermöglicht hat uns diesen Vortrag Herr Schröder, der sein Abitur am BG vor 54 Jahren absolvierte und Sohn von Otto Schröder ist, der Schulleiter des BG von 1962-71 war. Über ihn gibt es die Möglichkeit, mehr über friedensstiftende Projekte, die Teilnahme an Fahrten und Spendenaktionen zu erfahren.

Informationen dazu erhalten Sie unter www.jugendinterkult.de oder direkt bei Herrn Schröder (01636-335535).

Herzliche Grüße

U. Bramstedt