Am 09. November 2023, dem Jahrestags des von den Nationalsozialisten begangenen Pogroms an den Jüd:innen, fanden sich die Schüler:innen der Q1 und Q2 gemeinsam in der Aula zusammen. Wir begrüßten den WDR-Journalisten Lorenz Beckhardt zu einem sehr bewegenden Zeitzeugengespräch über seine Geschichte und die seiner jüdischen Familie.
Sowohl durch das Vorwort unseres Schuldirektors als auch das Herrn Beckhardts wird schnell klar, dass es an diesem Abend zwar um Vergangenes geht, das jedoch nie wirklich Geschichte geworden zu sein scheint – und so knüpft das Gespräch auch immer wieder an die aktuelle Lage in Israel und Palästina an, die seit dem 07. Oktober eine neue Dimension entwickelt hat.
Lorenz Beckhardt erzählt zunächst von seiner Familie. Es ist die Geschichte einer jüdischen Familie während der NS-Diktatur, geprägt von Diskriminierung und Verfolgung. Sein Großvater besaß einen Lebensmittelladen, schon bald nach Hitlers Machtübername sei das Geschäft zunehmend gemieden worden. Auch sonst, in der Schule und auf der Straße, wurde der Antisemitismus immer spürbarer für den damals noch kleinen Kurt Beckhardt, Lorenz Vater.
Während der Shoah wurden die meisten seiner Familienangehörigen in Konzentrationslagern ermordet. Sein Vater sowie dessen Schwester konnten durch die Ausreise mit einem Kindertransport nach Großbritannien überleben, seine Großeltern überstehen das Konzentrationslager.
Doch die Wunden der Traumata sind tief. Erst als junger Erwachsener erfährt Lorenz Beckhardt von seiner jüdischen Abstammung. Sein Vater habe ihn schützen wollen, er habe nicht gewollt, dass seinem Sohn Ähnliches widerfahre.
Beckhardt erzählt, wie er nun selbst versucht, mit dieser neuen Erkenntnis umzugehen. Er findet schließlich seinen Weg. Lange befasst er sich intensiv mit seiner Familiengeschichte, spricht viel mit seinem Vater. Es entsteht ein Buch, aus dem er uns auch an diesem Abend vorliest.
Später konvertiert Beckhardt selbst offiziell zum Judentum. Wie er sagt, sei das nicht der Religion wegen gewesen, sondern weil ihm die Gemeinschaft in der Gemeinde sehr viel bedeute.
Dann kommen wir ins Gespräch. Unter anderem wird deutlich, dass es auch aktuell viel antisemitisch motivierte Propaganda gibt, die besonders über die sozialen Medien verbreitet wird und, oft den Nahostkonflikt betreffend, in unserer Gesellschaft Anklang findet. Teilweise sei dadurch nicht mal mehr ein konstruktiver Austausch möglich.
Lorenz Beckhardt treibt dieses Problem um, besonders aus journalistischer Perspektive. Er ist interessiert, fragt uns, wie wir die Situation wahrnähmen. Auch uns beschäftigt dieses Thema, Social Media gehört zu unserem Alltag, so dass wir schnell in einen Austausch kommen.
Die Diskussion wirkt nach. Offensichtlich gilt es, auch im Bereich der sozialen Medien aufzuklären. Wie überprüfen und sichern wir Quellen ab? Wie können wir Propaganda und Fake News enttarnen und uns davor schützen? Und vor allem: Wie können wir aus der Geschichte lernen, auch im Kontext der Digitalisierung?
So gehe ich, wie auch viele andere, an diesem Abend nachdenklich aus diesem Gespräch heraus. Die Parallelen zur aktuellen Situation und der antisemitische Hass, die Herr Beckhardt uns aufgezeigt hat, sind nun erschreckend real. Sie wirken wie ein Weckruf.
So möchten wir Herrn Beckhardt noch einmal sehr herzlich für sein Kommen und seine Zeit danken. Der Abend hat uns alle sehr berührt.
Der Bericht wurde von Insa Drews aus der Q2 verfasst.