Französische Autorenlesung mit David Diop

Welche Verheerungen der Erste Weltkrieg auslöste, schildert der franko-senegalesische Autor David Diop in seinem Roman „Frère d’âme“. Der in Frankreich mit dem „Prix Goncourt des lycéens 2018“ ausgezeichnete Text trägt den deutschen Titel „Nachts ist unser Blut schwarz“.

Alfa Ndiaye, ein auf der Seite der Franzosen kämpfender Kolonialsoldat, muss ohnmächtig erleben, wie sein geliebter afrikanischer Kindheitsfreund umkommt. Dieses Trauma löst in ihm einen Rachefeldzug aus. Jeden Abend sucht er sich fortan in den feindlichen Schützengräben ein deutsches Opfer, das er anschließend verstümmelt. Für seine Heldentaten wird der „Schokosoldat“ zunächst bei seinen Kameraden gefeiert, bevor er auch bei ihnen Misstrauen erregt und als „Zauberer“ und „Wilder“ gefürchtet wird. Erstmalig schildert ein Autor mit afrikanischen Wurzeln das Grauen dieses Krieges aus der Sicht eines Senegalschützen, der sich unvermittelt auf den europäischen Schlachtfeldern wiederfindet. Ein aufwühlend, mitreißend erzählter Text.

Am 19. September 2019 las David Diop im Rahmen der vom „Literaturhaus Bonn“ initiierten Reihe „KlasseBuch“ in der Aula des Clara-Schumann-Gymnasiums aus seinem Roman. Diese Lesung war von den Kooperationskursen Französisch sowohl des BGs als auch des CSGs intensiv vorbereitet worden. Schüler/innen der Französisch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 11/ 12 beider Schulen moderierten die zweistündige Veranstaltung: Sie stellten den Autor vor und kamen mit ihm über ihre Lektüreerfahrungen ins Gespräch. Die zweisprachige Veranstaltung wurde durch eigene musikalische und literarische Beiträge angereichert. Im Anschluss signierte der Autor seine Bücher, bevor er mit allen Beteiligten gemeinsam essen ging.

Es war ein sehr kurzweiliger und intensiver Abend. Der Autor ließ sich bereitwillig auf das Format dieser offenen schülernahen Literaturbegegnung ein. Er beantwortete die Fragen der Schüler ausführlich und wertschätzend. Die Zuhörer/innen durften die Intensität und Emotionalität seines Romans unmittelbar erleben. Und auch thematisch ergaben sich Anknüpfungspunkte an Bonn. Denn in der Besatzungszeit nach dem Ersten Weltkrieg waren eben jene schwarzafrikanischen Soldaten oft im Rheinland stationiert. Hier wurden sie erneut Opfer der politischen Umstände, als nationalistische Kreise sie als „schwarze Schande“ diffamierten. Nicht nur deshalb war der Appell des Autors für einen unverstellten, vorurteilsfreien Blick auf den Anderen/die Andere sehr authentisch!

Es bleibt zu wünschen, dass sich erneut Gelegenheiten für solch eindrucksvolle Begegnungen mit zeitgenössischen Autoren im schulischen Kontext ergeben.

Chr. Weitz