Besuch der Q1 im Haus Schlesien

Am 23. Juni 2022 hat eine Gruppe von Schüler:innen aus der Q1, die im Herbst auf ihrer Studienfahrt nach Polen fahren, das Haus Schlesien in Königswinter besucht.
Wir bekamen eine Führung durch die Ausstellung, welche in acht Themenbereiche aufgeteilt ist. Bereits in der Ausstellung wurde deutlich, dass Polen schon immer ein Spielball zwischen den Großmächten war und die Menschen Schlesiens von den verschiedenen Zugehörigkeiten stark beeinflusst waren.

Nach dem Besuch der Ausstellung hörten wir von drei Zeitzeug:innen - Felicitas Rinke, Dr. Dieter Golombek und Bruno Stephan - von ihren Flucht- und Vertreibungserlebnissen, zu denen es in der Folge der neuen Grenzziehungen nach dem Angriffskrieg Deutschlands, dem Zweiten Weltkrieg, kam.

Felicitas Rinke hatte eine unbeschwerte Kindheit auf einem Dorf in Schlesien. Von ihrem Bruder erfuhr sie vom vielen Leid im Krieg. Als es zur Flucht kam, hatte sie nur Zeit, das Nötigste mitzunehmen. Jeden Tag gab es Ungewissheit darüber, wo man die nächste Nacht verbringen wird. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie in viele Länder, bis sie schließlich in Österreich landete und von dort auf Umwegen nach Bonn kam. Während der Flucht war die Angst vor der russischen Armee und die Ungewissheit, wohin es geht, immer präsent.

Bruno Stephan wuchs auf einem Bauernhof auf. Nach der Einnahme Breslaus wurde er gezwungen zusammen mit seiner Familie auf einem Pferdewagen zu flüchten. Er erinnert sich noch daran, auf der Flucht mit Munition gespielt zu haben. Mit dem Kriegsende kam er zurück nach Schlesien, wo er den Einmarsch der Russen miterlebte und wieder in den Westen flüchtete.

Dr. Dieter Golombek erinnert sich nicht mehr an viel aus Schlesien, da er „nur“ vier Jahre dort gelebt hat. Eine Erinnerung an die Flucht, wie er in einem Rangierwaggon stand, ist allerdings noch sehr präsent. Er kam in ein kleines Dorf in Bayern, in dem er primär durch seinen schlesischen Dialekt als Fremder galt und deswegen auch verprügelt wurde. Später wurde er Journalist und entwickelte ein Heft für die Bundeszentrale für politische Bildung, in dem er Zeitzeugen interviewte. Diese Gedanken spiegeln die Situation und Erfahrungen vieler Flüchtlinge gut wider. Denn was die drei Zeitzeugen erlebt haben, haben sicher viele schlesische Flüchtlinge erlebt.

In allen Zeitzeugenberichten wurden eine tiefe Verbundenheit zu Schlesien und die Schwierigkeit, sich in einem neuen Land zurechtzufinden, deutlich. Alle drei setzen sich deutlich für Frieden und Versöhnung ein, was zum Haus Schlesien als Ort des Dialogs und Kulturaustauschs gut passt. Dr. Golumbek formulierte es so:
„Ich hatte das Glück, in gute Jahre hinein zu wachsen, in Zeiten, die immer besser wurden. Frieden, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat, Wohlstand wurden wie selbstverständlich. Aber sie sind es nicht. Das Flüchtlingskind hat sich dafür ein Bewusstsein erhalten.“
(aus seinem Artikel „Der Flüchtling“, der am 4./5. Juli 2020 im Generalanzeiger veröffentlicht wurde. Dort erzählt er noch weit mehr über seine Flucht und sein Leben in Deutschland.)

In unserer Mittagspause hatten wir die Möglichkeit persönlich mit den Zeitzeugen zu sprechen, wobei intensive Gespräche entstanden.

Wir danken Frau Findeisen ganz herzlich für die Organisation des Tages und ihre Führung durch die frisch modernisierte, interaktive und anregende Ausstellung sowie den Zeitzeug:innen für das Teilen ihrer teilweise sehr aufwühlenden Erinnerungen mit uns und die engagierten Gespräche. Ein Besuch des Hauses Schlesien lohnt in jedem Fall!

Katharina Acquistapace und Antonia Naumann (Schülerinnen der Q1)