Ludov. van ...

… so beginnt der amtliche Nachweis für Beethovens Besuch der Hohen Schule in Bonn. Der vollständige Tabelleneintrag lautet:

Nomina      Ludov. van Beethoven
Patria          Bonn 
Matricul     Ornat. │ 1789. 14. Maji 
Philosoph  89

Das bedeutet: Ludwig van Beethoven aus Bonn wird am 14. Mai 1789 immatriculiert, also zwei Monate vor dem Ausbruch der Französischen Revolution in die Hohe Schule aufgenommen. Er ist ein Ornatus. Ornatus, wörtlich „geschmückt“, ist eine Standesangabe und sagt: Beethoven ist bürgerlich, d.h.  Angehöriger des dritten Standes, und er ist eheliches Kind seiner Eltern. Uneheliche Geburt brachte soziale Einschränkungen mit sich; ein unehelich Geborener konnte z.B. nicht Meister werden. Wie jeder Student muss Beethoven bei der Immatriculation den akademischen Eid in die Hand des Syndikus Hofkammerrat Esser leisten, wird so auf Studien- und Hausordnung verpflichtet.

Eingeschrieben wird Beethoven in die Philosophische Fakultät. Angesichts seiner Vorbildung bedeutet das aber nicht den Beginn eines akademischen Philosophiestudiums, sondern die Aufnahme in den sog. Cursus. Das ist eine zweijährige Studienvorbereitung, in etwa unserer Sekundarstufe II entsprechend.

Die gesamte Gymnasialausbildung ist damals in Bonn in die philosophische Fakultät der Unversität eingegliedert. Die Cursus-Fächer sind, der Tradition entsprechend, im ersten Jahr Logik und Metaphysik, im zweiten Mathematik und Physik. In Bonn werden aber auch Moralphilosophie und Staatswissenschaft gelehrt, erweitert u.a. um Privatvorlesungen in Polizei- und Handlungswissenschaft sowie Land- und Forstwirtschaft. Einführungen in die hochaktuelle Philosophie Kants werden angeboten, Fechten, Reiten und Tanzen desgleichen. Die kurfürstliche Bibliothek (mit Buchbestand und Arbeitsplätzen) steht den Immatrikulierten täglich zur Verfügung.

Ein reiches Angebot also für den bildungshungrigen jungen Beethoven. Was er konkret belegt und besucht hat, wissen wir nicht. Auffallend freilich ist das Einschreibungsdatum mitten im Schul- und Studienjahr. Und: Mit Beethoven lassen sich seine Freunde Anton Reicha und Karl Ferdinand Kügelgen immatrikulieren. Das Datum gibt einen Hinweis darauf, was die drei an die Hohe Schule geführt haben wird. Damals nimmt der deutschlandweit bekannte und umstrittene Eulogius Schneider seine Lehrtätigkeit in Bonn auf, ein Aufklärer durch und durch, der später als Jakobiner in Frankreich unter der Guillotine enden wird. Dass Schneider und Beethoven sich kannten, ist sicher, ein förderlicher Kontakt von Schneider zu Beethoven über die Schule hinaus ist von den Quellen her anzunehmen.

Die abschließende Jahresangabe 89 macht es wahrscheinlich, dass Beethoven den Cursus nur vom Mai 1789 bis Anfang 1790 besucht haben wird, vermutlich rund neun Monate. Der Berufsalltag als Hofmusiker ließ wohl nicht mehr zu. Beziehungen zu Bonner akademischen Lehrern aber hat es bis zu Beethovens Abreise nach Wien Ende 1792 gegeben und deren Einfluss auf Beethoven hat offenbar lebenslang fortgewirkt.

Alexander Wolfshohl